Mängelwesen

KI generierte Bildserie zu menschlicher psychischer Unzulänglichkeit

Wintersemester 2023/24
Fachhochschule Potsdam
Dokumentation

Der Begriff „Mängelwesen“ wurde von dem Philosophen Arnold Gehlen geprägt und ist in seinem Werk „Der Mensch. Seine Natur und seine Stellung in der Welt“ zu finden. Gehlen beschreibt den Menschen als physisch und morphologisch anderen Spezies unterlegen. Diese Mängel, zu denen echte Instinkte und Reizüberflutung zählen, gleicht der Mensch durch die Kultur aus, die eine Ersatz-Natur darstellt. Unvorhersehbar für Gehlen war das digitale Zeitalter und die Entwicklung der KI, die sogar die Denkleistung des Menschen nachahmen soll. Im besten Fall soll die künstliche Intelligenz jedoch die neurologische Fehlerhaftigkeit des Menschen ausklammern.

Im Gegensatz zu den Bestrebungen von Post- und Transhumanisten, die menschlichen Mängel durch Technologie, so wie die Bugs in einem Computerprogramm, zu tilgen oder gar auszumerzen, porträtiere ich in meiner Arbeit diese psychologische, kognitive Fehlerhaftigkeit und neurologische Vielfalt des Menschen, paradoxerweise mit Hilfe künstlicher Intelligenz. Durch Text-to-Image-Bildgeneratoren versuche ich, innere Welten in die äußere Welt zu übertragen, das Unsichtbare, Emotionale und Subjektive in etwas Bildhaftes, Deskriptives und Objektives zu übersetzen - mit Metaphern und Prompts. Möglicherweise wird es irgendwann möglich sein, diesen Umweg nicht mehr über Wörter zu gehen, sondern direkt über Neuralink die Emotionen zu senden. Doch selbst das wäre bei unserer unterschiedlichen Prägung nahezu unmöglich, das Gleiche zu fühlen und zu denken – genauso verhält es sich auch mit dem Sehen.

Der Anspruch dieser Arbeit besteht nicht darin, Gefühle zu objektivieren und Bilder von psychischen Erkrankungen zu reproduzieren, sondern das Menschsein und unsere eigene geistige Unvollkommenheit zu visualisieren, zu reflektieren und mitzufühlen. Was bedeutet es, als undurchsichtige, emotionale, fehlerbehaftete und bewusste Wesen einer transparenten, rationalen, fehlerlosen, deterministischen, aber auch unbewussten KI gegenüberzustehen? Was bedeutet es, einsam, traurig und allein zu sein, in einer Welt, in der wir immer vernetzter sind, mehr Möglichkeiten haben und eigentlich auch glücklicher werden sollten? Was bedeutet es, überfordert und verletzlich zu sein, in einer Leistungsgesellschaft, in der wir durch Geld, Likes und Status quantifiziert werden und uns für unsere Unzulänglichkeit als Mensch schämen müssen? Was bedeutet es, ein Mensch mit einer komplexen Psyche in einer immer rasanteren, informationsüberfluteten Welt zu sein?

finale Serie

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